Hans Speidel (* 28. Oktober 1897 in Metzingen; † 28. November 1984 in Bad Honnef) war ein deutscher General. Er kämpfte im Ersten Weltkrieg als Leutnant und war im Zweiten Weltkrieg Chef des Stabes der Heeresgruppe B unter Erwin Rommel. Von 1957 bis 1963 war Speidel Oberbefehlshaber der alliierten Landstreitkräfte in Mitteleuropa bei der NATO. Speidel hatte 1944 die Staatsstreichpläne des 20. Juli unterstützt. Hans Speidel war Bruder des Generals der Flieger Wilhelm Speidel.
Erster Weltkrieg
Hans Speidel, der Sohn des Oberforstrats Emil Speidel, meldete sich im Ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger. Er trat am 30. November 1914 nach einem Notabitur als Fahnenjunker beim Grenadier-Regiment „König Karl“ (5. Württembergisches) Nr. 123 ein und wurde im November 1915 zum Leutnant ernannt. Er kämpfte in Flandern, an der Somme und bei Cambrai und erreichte den Posten des Regimentsadjutanten. Er wurde mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes und der Württembergischen Militärverdienstmedaille in Gold ausgezeichnet.
Weimarer Republik und Zeit des Nationalsozialismus
Speidel blieb nach Kriegsende Berufssoldat und wurde als Kompanie- und Ordonnanzoffizier beim 13. (Württ.) Infanterie-Regiment in Ludwigsburg eingesetzt. Er studierte 1923/24 mit Unterstützung seiner Vorgesetzten in Berlin, Tübingen und Stuttgart Geschichte und Volkswirtschaft und promovierte am 14. Februar 1925 mit der Arbeit 1813-1924: Eine militärpolitische Untersuchung[1] zum Dr. phil. magna cum laude. Am 1. April 1925 wurde er zum Oberleutnant befördert. Speidel, der sich auch mit militärwissenschaftlichen Arbeiten, unter anderem der Monographie Au fil de l’épee von Charles de Gaulle beschäftigte, absolvierte anschließend eine „Führergehilfensausbildung“ und wurde nach deren Abschluss 1930 in die Abteilung Fremde Heere (T 3) des Truppenamtes versetzt. Am 1. Februar 1932 wurde er zum Hauptmann befördert. Am 1. Oktober 1933 wurde Speidel als Gehilfe des deutschen Militärattachés nach Paris versetzt. Es folgten Verwendungen als Kompaniechef und Bataillonskommandeur in Ulm, ehe er Ende 1936 zum Leiter der Abteilung Fremde Heere West ernannt wurde. Er wurde 1937 Erster Generalstabsoffizier (Ia) der 33. Infanterie-Division in Mannheim.
Zweiter Weltkrieg
1939 wurde Speidels Division am Westwall eingesetzt. 1940 nahm er als Ia des IX. Armeekorps am Frankreichfeldzug teil und wurde nach der Einnahme von Paris im Juni Chef des Stabes des dortigen Militärbefehlshabers Alfred von Vollard-Bockelberg und wenig später Chef des Kommandostabes beim Militärbefehlshaber Frankreich. In seinem Umfeld bildete sich zu dieser Zeit die sogenannte „Georgsrunde“, benannt nach deren Treffpunkt im Pariser Hotel „George V.“, der unter anderem der damalige Hauptmann Ernst Jünger angehörte. Am 1. Februar 1941 wurde Speidel zum Oberst befördert. Im März 1942 wurde Speidel zum Chef des Generalstabes des V. Armeekorps an der Ostfront ernannt. In der Winterkrise 1942/43 fungierte er zeitweilig als Chef des Stabes des Deutschen Generals beim italienischen AOK 8, Kurt von Tippelskirch, und anschließend der aus diesem Stab gebildeten Armeeabteilung Lanz (später Kempf). In dieser Stellung war er, mittlerweile zum Generalmajor befördert, an der Schlacht bei Charkow und dem Unternehmen Zitadelle beteiligt. Im August 1943 wurde aus der Armeeabteilung eine neue 8. Armee unter Otto Wöhler aufgestellt, deren Generalstabschef Speidel weiterhin blieb. Am 1. Januar 1944 erfolgte in dieser Stellung seine Beförderung zum Generalleutnant. Im April des gleichen Jahres wurde er Chef des Stabes der Heeresgruppe B unter Erwin Rommel und versuchte, diesen für den militärischen Widerstand gegen Adolf Hitler zu gewinnen. Nach Rommels Verwundung versuchte er selbiges auch bei Rommels Nachfolger Hans Günther von Kluge. Speidel wurde am 7. September 1944 nach Kluges Suizid von der Gestapo verhaftet und als Helfer und Mitwisser des Attentats auf Hitler angeklagt. Der Ehrenhof der Wehrmacht plädierte auf „Nichtschuldig aber nicht frei von Verdacht“, wodurch Speidel eine Verhandlung vor dem Volksgerichtshof erspart blieb. Er blieb aber dennoch in Haft. In der Festungshaftanstalt Küstrin war er unter anderem gemeinsam mit Ernst Wirmer, dem Bruder des von den Widerstandskämpfern als Reichsjustizminister vorgesehenen Josef Wirmer, sowie dem Befehlshaber der holländischen Armee, General van Roell, und General Theodor Groppe inhaftiert. Im April 1945 organisierte Speidel gemeinsam mit dem Kommandanten der Haftanstalt die Flucht vor der SS. Mit Hilfe von Ordensleuten der Pallottiner konnten die Gefangenen im Schloss Hersberg im Bodenseekreis untertauchen und wurden dort in den letzten Kriegstagen von französischen Truppen gestellt.
Nachkriegszeit
Speidel widmete sich nach der Entlassung aus alliiertem Gewahrsam wieder wissenschaftlichen Arbeiten. Speidels älterer Bruder Wilhelm Speidel war 1942–1944 Militärbefehlshaber von Südgriechenland bzw. Griechenland, und wurde im Februar 1948 im Geiselmordprozess wegen seiner Verantwortung für die dortigen Geiseltötungen zu 20 Jahren Haft verurteilt.[2] 1949 veröffentlichte Hans Speidel sein Buch „Invasion 1944“ und war Lehrbeauftragter an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Im Oktober 1950 arbeitete er an der geheimen „Himmeroder Denkschrift“ zur Frage einer deutschen Wiederbewaffnung mit. Nach seiner Tätigkeit als militärischer Berater des Bundeskanzlers Konrad Adenauer 1950 wurde Speidel im Januar 1951 als Sachverständiger in das Amt Blank (das spätere Bundesverteidigungsministerium) berufen. Im Zuge der intensivierten Diskussion der westdeutschen Wiederbewaffnung nach Ausbruch des Koreakrieges ab Sommer 1950 gab es ein „Junktim“ zwischen der „Wiederherstellung der Ehre des deutschen Soldaten“ und der Zustimmung zur Wiederbewaffnung. Hochkommissar John McCloy wandelte am 31. Januar 1951 auf Empfehlung des „Advisory Board on Clemency for War Criminals“ die Haftstrafe von Wilhelm Speidel in die bereits abgebüßte Zeit um. Dieser wurde am 3. Februar 1951 zusammen mit 32 anderen Inhaftierten aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg freigelassen.[3] Von 1951 bis 1954 war Hans Speidel Chefdelegierter bei der Konferenz zu Bildung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG). Nach dem Scheitern dieses Projektes vertrat Speidel 1954/55 die Bundesrepublik Deutschland bei den Verhandlungen über einen Eintritt in die NATO. Er wurde am 22. November 1955 zum Chef der Abteilung Gesamtstreitkräfte im Bundesverteidigungsministerium berufen und erneut zum Generalleutnant ernannt. Am 14. Juni 1957 folgte die Beförderung zum Vier-Sterne-General. Speidel war von April 1957 bis September 1963 als General der Bundeswehr Oberbefehlshaber der alliierten Landstreitkräfte in Mitteleuropa (COMLANDCENT – Commander Allied Land Forces Central Europe) mit Sitz im Schloss Fontainebleau, Frankreich, und sorgte für eine reibungslose Eingliederung der Bundeswehr in die NATO. Er fand in General Charles de Gaulle einen unversöhnlichen politischen Gegner und wurde auf dessen Druck Anfang September 1963 bei der NATO abgelöst. Im März 1964 wurde er sechsundsechzigjährig in den Ruhestand verabschiedet und im Oktober desselben Jahres zum Präsidenten der Stiftung Wissenschaft und Politik gewählt. Speidel wurde mit dem Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband ausgezeichnet[4] und 1972 Ehrenbürger seiner Heimatstadt Metzingen. Er starb am 28. November 1984 in Bad Honnef. Nach ihm ist die General-Dr. Speidel-Kaserne der Bundeswehr in Bruchsal benannt worden.
Auszeichnungen
Grab auf dem Pragfriedhof Stuttgart Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse Goldene Württembergische Militärverdienstmedaille am 20. Februar 1917[5] Spange zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse Deutsches Kreuz in Gold am 8. Oktober 1942[6] Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 1. April 1944[6] Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband